- Matthias Ströhle
- Kategorie: Aktuelles
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Am 24. Februar 1918 wurde Lisa Frank in Sigmaringen geboren. Wie alle jungen Menschen hatte sie Träume: Sie wollte Medizin studieren, Ärztin werden. Allein aufgrund der Tatsache, dass sie Jüdin war, wurde sie mit ihrer Familie zu Beginn der NS-Diktatur innerhalb kürzester Zeit ausgegrenzt, ausgeplündert und vertrieben. Lisa Frank verließ 1935 ohne Abitur das damalige Staatliche Gymnasium, das heutige Hohenzollern-Gymnasium, und emigrierte in die USA, als die Angriffe gegen sie und ihre Familie immer schlimmer wurden. Weitgehend mittellos verdiente sie sich dort zunächst ihren Lebensunterhalt als Haushaltshilfe und Kindermädchen. Trotz der erlittenen Demütigungen nahm die Familie Frank schon bald nach Kriegsende wieder Kontakt in die alte Heimat auf. Im hohen Alter von 94 Jahren besuchte Lisa Heymann, geb. Frank auch das Hohenzollern-Gymnasium, um dort mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen.
Bei der Übergabe der Bilder auf der Bühne: (v.l.) Die Künstlerin Marlis E. Glaser, der Spender Veit Feger, Patsy Heyman (Tochter von Lisa Frank) mit Übersetzerin und Ehemann, Martin Hoffmann (Schulleiter HZG), Gabi Maier (Bildungszentrum Gorheim), Maritta Lieb (Kath. Kirchengemeinde), Alexandra Hoffmann (Schulleiterin der Lassbergschule), Bürgermeister Dr. Marcus Ehm und Pfr. Matthias Ströhle (evang. Kirchengemeinde). Foto: Edenhofer.
Die Attenweiler Künstlerin Marlis E. Glaser hat für die Ausstellung „Erkenne doch“ zwei Portraits von Lisa Heyman angefertigt. Schon seit vielen Jahren interviewt und malt sie im Rahmen des Projektes „und Abraham pflanze einen Tamariskenbaum“ deutschsprachige Emigranten und Überlebende der Shoa, um ihnen dadurch ein Gesicht zu geben. Während des Festes der Kulturen wurden die beiden Bilder als Dauerleihgabe der Lassbergschule und dem Hohenzollern-Gymnasium übergeben. Nach dem Willen des Spenders Veit Feger sollen die Bilder dort in der Öffentlichkeit sichtbar sein.
Nach einem jiddischen Lied, dargeboten von Werner Knubben, betonte Pfarrer Matthias Ströhle vor der Bildübergabe auf der Bühne, wie wichtig das Gedenken an das geschehene Unrecht ist, damit so etwas in Zukunft nicht wieder passiert. Im Hinblick auf die schrecklichen Terrorakte betonte er, dass es Samen der Hoffnung brauche. Also solchen Samen sehe er die jüdische Sigmaringer Mitbürgerin Lisa Heyman.
Im Beisein der Tochter von Lisa Heyman, Patsy Heyman, dankte Bürgermeister Dr. Marcus Ehm dafür, dass die Verbindung Lisa Heymans zu ihrer Geburtsstadt nie abgebrochen sei. Die trotz des erlittenen Unrechts große Liebe zur Heimat hat Marlis E. Glaser in ihrem Bild durch die warmen Farben aufgegriffen, die an die Natur um Sigmaringen erinnern sollen. Sie schenkte Patsy Heyman als Erinnerung ein Zypressenpaar in eben diesen Farben.
Schulleiter Martin Hoffmann, der stellvertretend für die beiden Schulen sprach, betonte dass das Bild daran erinnert soll, dass nie wieder jemand aufgrund von Hautfarbe, Religion oder Nationalität aus der Schule ausgeschlossen werden dürfe.
Nach der Bildübergabe auf der Bühne versammelten sich ca. 30 Personen im ökumenischen Büro mittendrin zum anschließenden Festakt. Dort gab Dr. Edwin Ernst Weber, Stabsstellenleiter Kultur und Archiv des Landkreises Sigmaringen, einen Einblick in das Leben von Lisa Heyman. Er betonte ausdrücklich, wie wichtig Frau Heyman die Einladung der Stadt Sigmaringen anlässlich der Verlegung der Stolpersteine gewesen sei. Ebenso betonte er ihre Fähigkeit zu verzeihen. Die Bedeutung der Verlegung der Stolpersteine griff Patsy Heymann in ihrem Gruß auf: „Die Familie hat sich durch die Verlegung der Stolpersteine sehr geehrt gefühlt“. Sigmaringen sei trotz des Unrechts immer die Heimat ihrer Mutter geblieben In ihrem letzten Lebensjahr habe Lisa Heyman ihr gesagt, sie würde bald nach Hause gehen. Auf die Frage, wo das sei, habe sie geantwortet: „Nach Sigmaringen“. Bürgermeister Dr. Marcus Ehm gab in seinem Grußwort die Entscheidung des Gemeinderates bekannt, eine Straße nach Lisa Heyman zu benennen und überreichte der Tochter das Sigmaringer Stadtwappen. Veit Feger, der Sponsor der Bilder, erläuterte in seinem Gruß die Motivation seines Engagements. Er sei kein Kunstsammler, die Idee, die Marlis E. Glaser mit den Portraits verbinde, sei ihm aber sehr wichtig, da seine Familie selbst Repressalien erlebt habe. Daher gebe er die Bilder an andere weiter. Die Veranstaltung endete mit einer Führung von Marlis Glaser durch die Ausstellung.
Die beiden Bilder werden zunächst bis Ende November in der Ausstellung verbleiben und anschließend einen würdigen Platz in den beiden Schulen finden.
Matthias Ströhle