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"Nie wieder!" - Erinnerungsabend für Lisa Frank

Zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Szenenfoto Performance Lisa Frank. Foto: HZG

Zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Szenenfoto Performance Lisa Frank. Foto: HZG

"...und plötzlich war sie unerwünscht..."  Erinnerung an Lisa Frank und die Reichspogromnacht

Musik - Vortrag - Theater // Erasmus-Projekt des HZG und Kreiskulturforum

Theaterarbeit im Zeichen der Erinnerung: Jeder ist jemand, doch was geschieht, wenn ein Mensch zum „unerwünschten Niemand“ gemacht wird? Mit beeindruckenden Bildern stellte sich die Theater-AG des HZG (Leitung: Annemarie Kastelsky und Stefanie Bisinger) dieser Frage, im Rahmen des Erasmus-Projekts unterstützt durch sieben Jugendliche des Lycèe Saint Pierre von der „Institution Saint Joseph“ aus Cusset bei Vichy (Frankreich). 

Gedankenmaschine. Szenenfoto aus der Performance Lisa Frank. Foto: HZG

"Gedankenmaschine" - Szenenfoto aus der Performance zu Lisa Frank. Foto: HZG.

Im Mittelpunkt stand die Lebensgeschichte der im Jahr 2016 verstorbenen früheren Schülerin Lisa Frank aus Sigmaringen. Der ehemalige Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber stellte in einem sehr informativen Impulsvortrag die Lebensgeschichte dieser starken Frau vor, die 1935 nicht nur das staatliche Gymnasium Sigmaringen, sondern auch Heimatstadt und Heimatland verlassen musste, nur weil sie Jüdin war. Er erzählte von Ausgrenzung und Mobbing, aber auch von Rückkehr und Versöhnung. Und er weitete den Blick auf die vielen Opfer des NS-Rassismus und Antisemitismus. Das Thema reiht sich ein in die Veranstaltungsreihe „SIGnifikante Frauen im Landkreis Sigmaringen“, das Kreiskulturforum war Mitveranstalter des Abend.

Dr. Edwin Ernst Weber. Foto: HZG.

Dr. Edwin Ernst Weber. Foto: HZG

Ein Schülerensemble eröffnete mit Kletzmer-Musik einen ersten Zugang zum jüdischen Leben in Deutschland, während der Kammerchor des HZG mit dem intensiven, fast bedrückenden Werk „9. November. Stimmen der Vergangenheit“ die Erinnerung an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 ins Gedächtnis rief. Die musikalische Gesamtleitung lag bei Mathias Trost. Das mit großer Kraft von Varvara Loviagin und Selissa Vidmar vorgetragene jiddische Widerstandslied „Sog nit keijnmol“ leitete zum Theater über.

Kammerchor des HZG unter Leitung von M. Trost. Foto: HZG

Kammerchor des HZG unter Leitung von Mathias Trost. Foto: HZG.

Unter der Regie von Fabrice Dubusset vom Theater Procédé Zèbre in Vichy baute die internationale Theater-Gruppe in einer großartigen Performance die Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit. In starken und emotional berührenden Bildern, die genügend Raum für Interpretation ließen und immer wieder den Rückbezug zu Lisa Frank boten, zeigten die Jugendlichen freundliche Nachbarn im Gleichschritt marschierend; sie schufen die Maschine der nagenden Selbstzweifel; sie begrenzten durch Glaswände die Freiheit und machten Menschen zu Marionetten. Die laute Forderung des „Nie wieder!“ stand im Raum, in Frage gestellt durch aktuelle Zeitungsmeldungen, die das erneute Erstarken des Antisemitismus in Deutschland verdeutlichten.

Nie wieder? - Szenenfoto aus der Performance zu Lisa Frank. Foto: HZG

Nie wieder? - Szenenfoto aus der Performance zu Lisa Frank. Foto: HZG. 

Ein beeindruckender Abend mit klarer Botschaft. Lisa Frank, die 2012 im Alter von 94 Jahren das Hohenzollern-Gymnasium besuchte, legte damals allen ans Herz, dass nie wieder einem Menschen das passieren dürfe, was ihr passiert war. „Nie wieder!“

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Lisa Heyman, geb. Frank (1918-2016) war ab 1928 die einzige jüdische Schülerin (und eines von sehr wenigen Mädchen) am staatlichen Gymnasium Sigmaringen. Sie stammte aus einer gut integrierten Sigmaringer Unternehmerfamilie mit jüdischen Vorfahren. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor die Familie mit unglaublicher Geschwindigkeit ihr soziales Netz. Lisa wurde in der Schule ausgegrenzt und gemobbt und verließ 1935 ohne Abschluss die Schule. Ihr Traum vom Medizinstudium war geplatzt. Nachdem sie kein Visum für die Schweiz erhielt, machte sie eine Masseur-Ausbildung an einem jüdischen Institut in Stuttgart. Dort war sie offener Diskriminierung ausgesetzt. Mit Hilfe von Verwandten gelang ihr 1937 die Emigration in die USA. Ihr Vater wurde am 09. November 1938 in Sigmaringen inhaftiert, die Familie musste innerhalb von drei Tagen die Stadt in Richtung USA verlassen; der ganze Besitz blieb zurück und wurde vom Staat enteignet. Einige Verwandte wurden in Dachau und Auschwitz ermordet. Nach dem Tod ihres Mannes besuchte Lisa Heyman ihre Heimatstadt und stellte viele alte Kontakte wieder her. Als 2012 zu Ehren ihrer Familie "Stolpersteine" verlegt wurden, war sie als 94jährige auch im HZG zu Gast. Versöhnung war ihr ein großes Anliegen. 

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Seit 2018 ist das HZG Teil eines europäischen Erasmus-Projekts, das sich durch gemeinsame Theaterarbeit dem Thema "Erinnern" widmet. Zentrum, Ideengeber und Motor des Projekts ist Fabrice Dubusset, Leiter des Theater Procédé Zèbre in Vichy (Frankreich). Neben dem HZG sind auch Schulen und Theatergruppen aus Frankreich (Lycèe Saint Pierre, Cusset) Italien (IIS Les Ambrois, Oulx /  Lelastiko, Brescia / Alma Teatro, Turin), Bosnien-Herzegowina (Agencija lokalne demokratije, Zavidovici) und Rumänien (Liceul tehnologic Liviu Rebreanu, Hida / Colegiul National Titu Maiorescu, Aiud / Universitatea de stiinte agricole si medicina veterinara, Cluj-Napoca) beteiligt. Weitere Informationen auf der Seite von Procédé Zèbre (externer Link, französisch). Bei dieser Veranstaltung wurde die Theaterarbeit durch Stefan Hallmayer, Intendant des Theater Lindenhof in Melchingen, unterstützt. 

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